Teil 7 der mündlichen Urteilsverkündung
Richter: Lassen Sie uns, bitte, fortsetzen! Nehmen Sie bitte Platz! So, soweit erst mal zur Zwangsrekrutierung. Das Thema verlass ich jetzt. Ich gehe jetzt ein auf die Einlassungen einzelner Angeklagten. Das sind Verschiedene erwähnenswert, insbesondere weil wir da zu anderen Erkenntnissen gekommen sind.
Richter: Lassen Sie uns, bitte, fortsetzen! Nehmen Sie bitte Platz! So, soweit erst mal zur Zwangsrekrutierung. Das Thema verlass ich jetzt. Ich gehe jetzt ein auf die Einlassungen einzelner Angeklagten. Das sind Verschiedene erwähnenswert, insbesondere weil wir da zu anderen Erkenntnissen gekommen sind.
AW: Sie
gaben an, zur Tatzeit dreizehn Jahre alt gewesen zu sein. Wenn das
richtig wäre, wären Sie ein strafunmündiges Kind gewesen, dann
hätte gegen Sie kein Strafverfahren durchgeführt werden dürfen.
Wir haben aber keinerlei Zweifel, dass das, was die Herren
Sachverständigen H… und Fuhrmann angegeben haben, richtig ist. Sie
waren zur Tatzeit über 18 Jahre alt! Aber auch an den drei
Schriftstücken hegen wir große Zweifel! Diese angeblichen Urkunden
und Schulbescheinigungen, die uns Ihre Mutter zukommen ließ, da
haben wir erheblich Zweifel, ob die überhaupt echt sind! Auch andere
Angeklagte haben ähnlich aussehende Schriftstücke vorgelegt. Sie
waren alle aus Galkayo und es stand „District Court“ drauf. Der
Zeuge J… vom Bundesamt für Migration hat glaubhaft gemacht, dass
es schwierig ist mit solchen Urkunden. Ebenso verhält es sich auch
mit den Altersgutachten. YK, KD und AS – teilweise haben sich die
Angeklagten auch damit einverstanden erklärt. In einem Fall war die
Altersangabe auch richtig, nämlich bei AS, und stimmte mit dem
Altersgutachten überein.
Herr CM:
Auch Sie geben an, sie seien in Galkayo hilflos gewesen und hätten
an dem Überfall teilgenommen, weil Sie Geld für Ihren entführten
Sohn brauchten. Wegen Tilgung der Schulden beim Lebensmittelhändler.
Sie haben auch eine Urkunde aus Galkayo vorgelegt. Ihrer Einlassung
zur Entführung können wir jedoch nicht folgen. Sie haben dazu keine
Fragen beantwortet und keine Details genannt. Zum Beispiel nicht den
Namen des Entführers, genaue Angaben über den Ablauf, den Ort, wie
es im Einzelnen passierte, wo Sie davon Kenntnis bekommen haben, ob
es Versuche gegeben hat, zumindest einen Teil der Schulden zu
bezahlen. In der Urkunde haben die Zeugen angegeben, dass Ihr Sohn
sich in der Hand von den Entführern in Mogadischu befindet. Sie aber
haben von Galkayo gesprochen. Wir haben erhebliche Zweifel an der
Echtheit von Urkunden. Das Einzige, was Ihre Angaben stützt, ist die
Aussage von KD, er habe die Radiosendung an Bord der Dhau HudHud
gehört und es habe sich bei dem entführten Kind, über das dort
berichtet wurde, um Ihren Sohn gehandelt. Ob wir Herrn KD folgen oder
nicht, dazu nachher mehr. Das erscheint uns schon ungewöhnlich. Aber
selbst wenn es diese Radiosendung gegeben haben sollte, selbst wenn
es sich bei dem Kind um Hussein gehandelt haben sollte –
bemerkenswert ist doch, dass Sie zum Schluss in Ihrem Letzten Wort
mit vielen Worten gesprochen haben, aber Ihren Sohn nicht mehr
erwähnt haben.
Herr YK:
Dass Sie das Wasser aus dem Schiff schöpfen mussten, das mag
zutreffen. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass dies nicht Ihre
einzige Aufgabe gewesen sein kann. Es war eine mit allen abgestimmte
Aktion von zehn Personen und neun Schusswaffen. Da ist es
unwahrscheinlich, dass nur eine Person unbewaffnet bleibt. Immerhin
haben Sie noch gesagt, dass Sie an Bord auch nach der Mannschaft
gesucht haben. Aber sicher ist, in der Gesamtheit aller Aktivitäten,
die auf alle von Ihnen verteilt waren, glauben wir nicht, dass Ihre
Aufgabe allein das Wasser schöpfen war.
YM: Sie
sagen, Sie waren der Hilfssteuermann, unbewaffnet und Sie hätten das
wegen der 500 Dollar gemacht. Auch für Sie gilt: Es ist
ausgeschlossen, dass Sie nicht gewusst haben, welcher Aktion Sie sich
da angeschlossen hatten. Das kann möglich sein, dass Sie der
Hilfssteuermann sein sollten, aber ob Sie das dann auch gewesen sind,
dazu haben Sie nichts gesagt. Auch Sie waren in den Tatplan
eingebunden und hatten feste Aufgaben, nicht nur auf dem Skiff. Wir
müssen Sie genauso wie alle anderen als Mittäter einstufen.
Und nun
Herr KD: Mit Ihren Aussagen haben wir uns, ich sag mal, auch streitig
auseinanderzusetzen. Ab dem 29.Februar machten Sie andere Angaben.
Sie gaben an, ohne Zwang mitgemacht zu haben und auch von den anderen
sei keiner gezwungen worden. Sie haben Einzelheiten berichtet. Sie
berichteten, dass auf der Dhau Verträge abgeschlossen wurden, wer in
welchem Skiff mitgefahren ist, welche Waffe er trug, welche Aufgabe
er hatte. Insbesondere AM haben Sie schwer belastet. Er sei der
Stellvertreter Dhaghaweynes gewesen und habe die Befehlsgewalt bei
dem Überfall gehabt. Wir können uns gut vorstellen, dass eine Menge
davon zutreffend ist, aber es bleiben auch Zweifel. Zunächst ist
widerspruchsfrei: Keiner war gezwungen mitzumachen. Da haben wir
Übereinstimmung. Aber die Radiogeschichte, die Geschichte mit dem
Steuermann und ähnliches. Der Sachverständige Dr. Hansen sagt: Ja,
das kommt vor. Trotzdem kommen wir nicht zu der sicheren Überzeugung,
insbesondere in Bereichen, wo nur Sie das sagen, insbesondere da, wo
Sie andere Angeklagte belastet haben und was durch nichts sonst
belegt ist. Schon am Anfang haben Sie keine klaren Angaben gemacht.
Wie hoch eigentlich Ihr Verdienst gewesen wäre, haben Sie nicht
gesagt. Es war ungewöhnlich und von Bedeutung, dass Sie die Fragen
der Verteidiger nicht bereit waren zu beantworten. Sodass wir am Ende
dazu kommen: Auf Ihre Angaben können wir nichts Verlässliches
stützen. Nachfragen haben unsere Zweifel nicht ausgeräumt. Wir
teilen ausdrücklich nicht die Auffassung der Staatsanwaltschaft, die
Irritationen seien ausgeräumt. Es bleiben aus unserer Sicht Zweifel.
Und zwar betrifft das vier Bereiche: erstens Ihr Antrag vom 11.August
2010, in dem Sie darum bitten, ein Telefonat mit Ihrem Vater führen
zu können. Da benutzen Sie noch den Namen D. Wir haben Sie
ausdrücklich dazu gefragt und Sie haben „Nein, das ist nicht der
Name meines Vaters“ gesagt. Sie haben sich neu dazu geäußert,
aber es wurde nicht verlässlich geklärt. Zweitens: Wie kann es
sein, dass die Telefonnummer Ihres Vaters auf dem Mobiltelefon von CM
ist? Sie haben dazu gesagt „Das kann sein, aber gespeichert habe
ich sie da nicht“. Hier in der Hauptverhandlung haben Sie gesagt,
das ist die Nummer eines Hintermannes. Sie hätten vergessen, die
Nummer zu löschen. Drittens: Der Anlass des Telefonats mit Ihrer
Mutter war, dass der Bruder bei einem Autounfall umgekommen ist. Sie
haben dann gesagt: Nein, es hat keinen Autounfall gegeben. Jetzt
sagen Sie, dass es doch einen gegeben hat, dass es sich aber um Ihren
Cousin gehandelt habe. Viertens: Sie selber haben dem Gericht zwei
Schriftstücke zugeleitet, als Sie noch angaben, selber gezwungen
worden zu sein. Sie haben darauf bestanden, dass Sie „D.“ heißen.
Die Schriftstücke waren von der eigenen Familie vorgelegte
Erklärungen. Warum sollte die eigene Familie Dokumente mit falschem
Namen einreichen?
Wir
möchten uns auf Ihre Angaben nicht stützen, aber ein Lügner sind
Sie eindeutig nicht!
Es gab
mehrere Hilfsbeweisanträge hier. Wir haben alle geprüft. Von den
verbliebenen hat keiner dazu geführt, dass wir wieder in die
Beweisaufnahme eingetreten sind.