Teil 5 der mündlichen Urteilsverkündung
Richter: Jetzt zu Ihnen und zu dem, was Sie uns erzählt haben, Ihre zum Teil längeren, zum Teil kürzeren Einlassungen zum Tatgeschehen. Oder besser gesagt: was alles offen geblieben ist. Selbstverständlich haben wir Sie darüber belehrt, dass Sie ein Recht darauf haben schweigen zu können. Dass Sie auch nur Teile erzählen können. Wenn ein Angeklagter uns belügt, hat das keine Konsequenzen. Jedenfalls aus Ihren Angaben kann das Gericht keine Geständnisse ersehen, die das Tatgeschehen auch nur annähernd oder gar umfangreich beschreiben würden.
Richter: Jetzt zu Ihnen und zu dem, was Sie uns erzählt haben, Ihre zum Teil längeren, zum Teil kürzeren Einlassungen zum Tatgeschehen. Oder besser gesagt: was alles offen geblieben ist. Selbstverständlich haben wir Sie darüber belehrt, dass Sie ein Recht darauf haben schweigen zu können. Dass Sie auch nur Teile erzählen können. Wenn ein Angeklagter uns belügt, hat das keine Konsequenzen. Jedenfalls aus Ihren Angaben kann das Gericht keine Geständnisse ersehen, die das Tatgeschehen auch nur annähernd oder gar umfangreich beschreiben würden.
Sie Herr
CM haben erklärt: Sie haben Leute kennengelernt, sind als Letzter an
Bord gegangen, hatten die Aufgabe das Schiff zu bewachen. Ob Sie eine
Waffe hatten, was überhaupt gemacht wurde, das ist nicht
ersichtlich. Heute ist lediglich noch dazugekommen, dass Sie alle auf
der Brücke zusammengekommen sind.
Und Sie,
Herr AM: Sie sagen, Sie sind von sieben Männern entführt worden,
wovon sechs bewaffnet waren. Sie seien gezwungen worden, als
unbewaffneter Dolmetscher an dem Angriff teilzunehmen. An Bord der
Taipan hätten Sie sich nicht an der Suche nach der Besatzung
beteiligt, sondern nur gegessen.
Und Sie,
Herr AS: Sie sagen, Sie haben aus Not und Elend mitgemacht. Auf
welche Art, ob Sie eine Waffe hatten, ob geschossen wurde, das alles
sagen Sie nicht.
Herr AKD:
Sie sagen, Sie sind als Mechaniker losgeschickt worden und haben erst
auf See erfahren, dass es sich um Piraten gehandelt hat. Sie haben
Angst gehabt und seien mit Werkzeug ausgerüstet zur Taipan
gekommen. Sie sagen, auf der Taipan haben Sie nichts getan. Ihr Zeuge
erklärt, Sie seien entführt worden.
Und Sie,
Herr KD: Sie gaben zunächst an, gezwungen worden zu sein. Sie hätten
zwecks Abarbeiten von Schulden teilnehmen müssen. Sie seien als
Dolmetscher für Englisch auf der Taipan gewesen. Dann haben Sie Ihre
Angaben geändert. Sie waren als Dolmetscher dabei, Ihre Pistole war
erst ungeladen, dann geladen. Sie sind als Erster an Bord der Taipan.
Sie sollten die Mannschaft auffordern sich zu ergeben.
Herr YK:
Sie gaben an, dass Sie mitgemacht haben weil Sie Geld verdienen
wollten. Sie sollten mit einem Eimer das Wasser aus dem Schiff
schöpfen. Sie hätten keine Waffe gehabt, hätten auch nicht nach
der Mannschaft gesucht.
Herr TW:
Sie gaben an, K. gekannt zu haben. Sie hätten miteinander getrunken,
durch beigemengte Tabletten oder ähnliches seien Sie betrunken
gewesen und so auf die Dhau gekommen. Dort habe man Ihnen gedroht,
Sie ins Wasser zu werfen, wenn Sie nicht mitmachen würden. Von einer
Aufgabe, die Sie gehabt hätten, haben Sie uns nichts berichtet. Sie
seien, nachdem das Skiff auf den Wellen hochgeflogen sei, beim
Aufprall bewusstlos geworden. Und dann sind Sie als Letzter an Bord
gegangen. Was Sie da gemacht haben, haben Sie nicht berichtet, außer
dass Sie sich versteckt haben.
Und Sie,
Herr AA: Sie gaben an, Sei seien von Piraten auf See entführt
worden, um dann ein Skiff zu steuern. Sie seien auch zum Einstieg
gezwungen worden. Sie gaben an keine Waffe gehabt zu haben, ob
geschossen worden ist, dazu haben Sie auch nichts gesagt. Sie seien
als Vorletzter auf die Taipan gegangen. Aber dort haben Sie nur auf
einem Stuhl gesessen.
Herr AW:
Sie gaben an, Sie hätten sich an die Piraten gewandt um Geld zu
verdienen. Auf der Dhau hat man Ihnen eine Kalaschnikow gegeben. Es
blieb jedoch offen, was Sie überhaupt gemacht haben.
Herr YM:
Sie gaben an, Sie seien gefragt worden bei einem größeren Job
mitzumachen. Erst auf der Dhau hätten Sie gemerkt, dass ein Schiff
gekapert werden sollte. Sie sollten lediglich dem Steuermann helfen.
Wenn man
sich diese zehn zusammen vorstellt, war das ein wild durcheinander
agierender Haufen. Das kann so nicht gewesen sein. Und soweit doch,
dann allenfalls in kleinen Teilen. Es steht fest, dass Sie alle mit
schwerer Bewaffnung die Taipan angegriffen haben und von den Soldaten
der Tromp festgenommen wurden. Es gilt, Ihre Erklärungen einzeln auf
Glaubwürdigkeit zu überprüfen. Dann ergäbe sich folgendes Bild:
Höchstens zwei von Ihnen wären bewaffnet gewesen, einer hätte eine
Pistole gehabt. AW hatte eine Kalaschnikow. Keiner hat geschossen.
Nur zwei von Ihnen hätten eine wichtige Aufgabe gehabt: AA, der das
Boot gesteuert hat und KD, der als Erster an Bord gegangen ist. Sonst
wäre nichts weiter passiert. Acht von Ihnen hätten nichts
Wesentliches getan. Der Umstand, dass das Schiff in Richtung Somalia
gelenkt wurde, findet so keine Erklärung. CM war heute, bzw. am
letzten Verhandlungstag der Erste, der „KD wars“ sagte.
In der
Gesamtschau handelte es sich anhand Ihrer Einlassungen um eine
inkompetente, schlecht motivierte Gruppe, von der allein vier zum
Angriff gezwungen worden waren. So kann es nicht gewesen sein! Das
Gegenteil sieht so aus: Wir sind der Überzeugung, dass die Kaperung
eines Schiffes auf Hoher See lebensgefährlich ist für die Seeleute,
aber auch für die Angreifer. Es ist mit Gegenwehr zu rechnen, damit,
dass zurückgeschossen wird. Die Fahrt mit den Skiffs auf Hoher See
ist schon nicht ungefährlich. Die Videoüberwachung durch das
Bundeswehrflugzeug macht dies deutlich. Wir haben es hier im Saal,
als es vorgeführt wurde, gesehen, wie gefährlich es war mit den
Skiffs zu sehr parallel zu fahren, oder mit der Bordleiter an Schiff
zu gehen. Ein Skiff wäre beinahe gekentert. Wasser wurde von oben
heruntergelassen. Für so etwas braucht es keine inkompetente Gruppe,
sondern Risikobereitschaft, Mut, körperliche Fitness und die
Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Das ist ein quasi militärisches
Vorgehen. Vielleicht sollte ich erklären, was damit gemeint ist. Das
meint nicht „Teil einer militärischen Einheit“, aber ähnlich
klare Absprachen, klare Kommandostrukturen. Jeder muss genau wissen,
worum es geht. Soll die Ladung gestohlen werden? Was ist mit dem
Mutterschiff? Die Gruppe muss kompetent sein. Wir gehen davon aus,
das ganze wurde nicht von Ihnen im Hintergrund geplant. Das wissen
wir von Dr. Hansen, der noch weitere Hintermänner genannt hat. Es
ist jedoch nicht vorstellbar, dass der Anführer der Gruppe mit den
Skiffs hofft, Sie würden schon alles richtig machen. Dr. Hansen hat
uns davon berichtet, dass es vorkommt, dass schriftliche
Arbeitsverträge abgeschlossen werden, in denen genau aufgeführt
ist: Wer ist mit wem in welchem Skiff? Wer steuert das Skiff? Wer hat
die Befehlsgewalt? Wer hat eine Waffe? Wer wird schießen? Wer
kümmert sich um die Enterleiter? Wer geht als Erster an Bord? Wer
kümmert sich um die Mannschaft des Schiffes? Wer sorgt für die
Verständigung? Wer übernimmt die Steuerung des Schiffs? Wer
unterrichtet das Kommando über die Möglichkeiten von
Lösegeldverhandlungen? Wer benachrichtigt die Hinterleute? Wer
ersetzt wen? Wer hat ein Handy? Wer hält Wache, zum Beispiel mit
Fernglas?
Wir
glauben nicht, dass dies dem Zufall überlassen wird. Wir gehen
sicher davon aus, dass es sich dabei um eine schlagkräftige Gruppe
mit fester Aufgabenverteilung gehandelt hat. Möglicherweise haben
Sie auch noch weitere Überfälle verübt. Darüber besitzen wir aber
keine Erkenntnisse.
Es ist
sicher, dass alle aufgrund eines gemeinsamen Plans zusammengearbeitet
haben um das Schiff zu kapern. Sie haben alle mitgewirkt um die
Besatzung zu suchen. Wir halten es für ausgeschlossen, dass wer nur
dagesessen und abgewartet hat, für ausgeschlossen, dass jemand
gezwungen worden ist.
Es mag möglich sein, dass es
Zwangsrekrutierung gibt. Das haben die Sachverständigen nicht
ausgeschlossen. Aber hier ist sich das Gericht sicher, dass keiner
gezwungen wurde. Diese Aussage ist allein schon durch das
Mobiltelefon widerlegt. Beide Mobiltelefone standen Ihnen allen zur
Verfügung. Wir haben eine Vielzahl von Nummern wiedergefunden. Da
ging es um die Erreichbarkeit von Familie oder Freunden. Die
gespeicherten Telefonnummern treffen alle außer einen: AW – Sie
hatten allerdings selber ein Mobiltelefon in ihrem Besitz. Die
Erklärungen sind diesbezüglich alle nicht zufriedenstellend. Es
wird zu jeder Nummer im schriftlichen Urteil detailliert etwas gesagt
werden. Ihre Angaben hierzu, warum Sie so viele Nummern gespeichert
haben, glauben wir Ihnen nicht. Die vier Personen, die angeblich
gezwungen wurden, wollen ausgerechnet die Mobil-Nummern nicht gekannt
haben. Ihnen, Herr AA, Herr AM, Herr AKD und Herr TW glauben wir
nicht! Ich kündige an, dass wir im schriftlichen Urteil darauf
ausführlich eingehen werden.