23 December 2012

Das Urteil - Teil 5

Teil 5 der mündlichen Urteilsverkündung

Richter: Jetzt zu Ihnen und zu dem, was Sie uns erzählt haben, Ihre zum Teil längeren, zum Teil kürzeren Einlassungen zum Tatgeschehen. Oder besser gesagt: was alles offen geblieben ist. Selbstverständlich haben wir Sie darüber belehrt, dass Sie ein Recht darauf haben schweigen zu können. Dass Sie auch nur Teile erzählen können. Wenn ein Angeklagter uns belügt, hat das keine Konsequenzen. Jedenfalls aus Ihren Angaben kann das Gericht keine Geständnisse ersehen, die das Tatgeschehen auch nur annähernd oder gar umfangreich beschreiben würden.

Sie Herr CM haben erklärt: Sie haben Leute kennengelernt, sind als Letzter an Bord gegangen, hatten die Aufgabe das Schiff zu bewachen. Ob Sie eine Waffe hatten, was überhaupt gemacht wurde, das ist nicht ersichtlich. Heute ist lediglich noch dazugekommen, dass Sie alle auf der Brücke zusammengekommen sind.

17 December 2012

Das Urteil - Teil 4

Teil 4 der mündlichen Urteilsverkündung

Richter: Nun zur wirtschaftlichen und politischen Lage in Somalia. Es ist zwingend erforderlich, unsere Bewertung  auch auf die wirtschaftliche und politische Lage zu erstrecken. Allerdings waren die Versuche des Gerichts, dies in einem frühen Stadium unter Einbeziehung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu tun, sagen wir mal: nicht zielführend. Obwohl insbesondere von Seiten der Verteidigung immer wieder darauf hingewiesen wurde, war es nicht erfolgreich. Wir haben dann die Sachverständigen Dr. Matthies und Dr. Hansen ausfindig gemacht und hier gehört. Das war aus unserer Sicht dann ausreichend, um hier eine Einschätzung vornehmen zu können.
Dass nicht jeder nachfühlen kann, wie die Lage in Somalia ist, mag sein. Fest steht, dass 2009 und 2010 Somalia davon geprägt war und noch ist, dass über 20 Jahre Bürgerkrieg das Land verwüstet haben, die Strukturen verfallen sind und der Lebensalltag in Somalia von Gewalt und Not geprägt ist. Somalia gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Es gibt infolgedessen eine große Zahl an Opfern und Flüchtlingen.

copyright: Jason Florio-Somalia Portraits will be soon shown in Hamburg
 In Somaliland ist die Situation noch am ehesten stabil. Dies gilt aber nicht für den Rest des Landes und einen Teil von Puntland. Die gesellschaftliche Situation ist geprägt durch die Aneignung fremder Güter, von den Sachverständigen wurde dies „Kriegsökonomie“ genannt, durch erpresserischen Menschenhandel, Zweckentfremdung, Wegezölle und Korruption.

Seit 2008 ist Kriegsökonomie an der Tagesordnung. Der Aktionsradius der Piraten hat sich weit ausgedehnt bis Madagaskar. In 2010 hat es ungefähr 220 Angriffe gegeben, über 1.000 Seeleute gerieten als Geiseln in Gefangenschaft, erpresste Lösesummen betrugen 5 Millionen US-Dollar pro Schiff. Die Sachverständigen konnten Auskünfte zu den Ursachen der Piraterie geben. Da sind einmal der staatliche Zerfall Somalias in den 90er Jahren, die Raubfischerei und die Verklappung von Giftmüll. Das mag so sein für die Anfangszeit, was die Sachverständigen auch betont haben, dass gerade vor diesem Hintergrund die Clans sich massiv daran beteiligt und bereichert haben. Sie haben zum Beispiel Lizenzen an ausländische Unternehmen vergeben. Deshalb kann der immer wiederkehrende Hinweis auf Überfischung und Giftmüll im Jahre 2010 nicht mehr vollständig als Begründung herhalten.



 Inzwischen haben sich laut Sachverständigen-Angaben die Fischgründe in Puntland auch wieder erholt. Es werden wieder Lizenzen vergeben. Also: Die Behauptung, arme somalische Fischer hätten hier keine andere Wahl, das ist nach unserer Auffassung nicht zutreffend. Galkayo, Eyl, Hobyo und Galagad sind Hochburgen der Piraterie. Führen wir uns doch mal vor Augen, was dazu notwendig ist. Es gibt eine Vielzahl von Dingen zu organisieren: Boote, technische Mittel, Waffen, die Rekrutierung des Angriffstrupps, darunter Personen, die mit modernen Schiffen vertraut sein müssen, irgendeiner, der die internationalen Lösegeldverhandlungen führen können muss.

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Piraterie hat die Züge internationaler Kriminalität angenommen. Es sind Geschäftsmodelle. Und das ist zu sehen vor dem Hintergrund, dass es lockt, dem allgemein verbreiteten Elend zu entkommen, und dass es Männer gibt, die bereit sind ihr Leben zu riskieren um teilzunehmen. Das ist das, was die Kammer sicher feststellen kann.

15 December 2012

Das Urteil - Teil 3

Teil 3 der mündlichen Urteilsverkündung
 
Richter: Es muss festgehalten werden, dass die Befreiungsaktion außerordentlich professionell verlief. Es sind alle heil dabei rausgekommen.  Die Reparatur hat 600.000 Euro gekostet, insgesamt hatte die Reederei Komrowski einen Schaden von zirka einer Million Euro, wobei erwähnt werden muss, dass den Großteil davon die Versicherung beglichen haben dürfte.
Sie waren dann ungefähr neun Tage lang an Bord der Fregatte Tromp, die erst nach Salala gefahren ist, um den verletzten Soldaten dort an Land zu bringen um ihn medizinisch versorgen zu lassen und Sie dann nach Djibouti gebracht hat. Von dort sind Sie dann in die Niederlande ausgeflogen und von dort an Deutschland ausgeliefert worden.

Zur Vorgeschichte ist noch zu sagen: Die gekaperte Dhau HudHud, die als sogenanntes Mutterschiff diente, war im März 2012 mit 12 indischen Besatzungsmitgliedern an Bord von 12 bis 16 Somaliern unter Einsatz dreier Schnellboote gekapert worden. Es liegt nahe, dass einige von Ihnen daran schon beteiligt waren. Diesbezüglich hat die Kammer aber nichts Genaues feststellen können, auch nicht, ob Sie schon an weiteren Kaperungen beteiligt waren. Jedenfalls wurde die HudHud von der deutschen Fregatte Emden angetroffen. Das Manöver wurde aber abgebrochen, weil damit gedroht worden war, der Kaptän und die Mannschaft an Bord der HudHud würden getötet werden. Die Route der HudHud von März bis April 2010 ist nicht bekannt, aber es steht fest, dass sie in Gulub angelegt hat um Treibstoff zu tanken. Es ist durchaus möglich, dass Sie, YK und CM, wie von Ihnen behauptet, erst dort an Bord der HudHud gegangen sind. Wann genau die anderen acht sich dort eingefunden hatten, darüber können wir keine sichere Feststellung treffen. Auch nicht, ob jemand von Ihnen verantwortlich dafür ist, dass die Besatzung der HudHud als Geiseln genommen worden ist.

13 December 2012

Das Urteil - Teil 2

Teil 2 der mündlichen Urteilsverkündung

Richter: Und nun zur MV Taipan, MV steht für Motor Vessel. Der Heimathafen der Taipan ist Hamburg. Am 4.April 2010, dem Ostermontag, befand sich die Taipan zwölf Grad nördlicher Breite und sechs Grad östlicher Länge und damit 500 Seemeilen von der somalischen Küste entfernt,  mitten im Indischen Ozean. Die Taipan war auf dem Weg von Haifa nach Mombasa, das ist in Kenia.


komischer weise ist auf diese welt karte kein einziges schiff in die nähe von somalia zu sehen
 http://www.marinetraffic.com
Weil es vor der Küste Piraterie gab, fuhr die Taipan nicht an der Küste vorbei, sondern machte einen großen Bogen,  um in den Zielhafen zu kommen. Einen Tag vorher hatte die Taipan den Schutzkorridor, wo sie von der Atalanta-Einsatzflotte, die dort die Handelswege internationaler Schiffe sichert, eskortiert worden war, verlassen. Der polnische Kapitän  war in Djibouti von Bord gegangen. Er hatte es abgelehnt, weiter durch die gefährlichen Gewässer zu fahren. Kurzfristig hatte Kapitän Eggers das Kommando übernommen. Die Besatzung bekam die doppelte Heuer.
Es waren vorher schon Schutzmaßnahmen ergriffen worden. Bei einem Angriff sollte die Mannschaft sich in einen verborgenen Schutzraum, einen Sicherheitsraum, die sogenannte Zitadelle, zurückziehen. Das war auch vorher geübt worden. Notrufe waren vorbereitet und Rudermanöver geübt worden, die das Entern verhindern sollten. Es war Stacheldraht angebracht worden, um zu verhindern, dass die Seeräuber an Deck kommen, ebenso Wasserschläuche und Wasserdüsen, mit denen auf die Schnellboote gezielt und sie damit vertrieben werden sollten.

Sie, die zehn Angeklagten, befanden sich zur selben Zeit im selben Seegebiet zwischen Afrika und Indien an Bord der Dhau HudHud. Auf ihr befanden sich zwölf indische Besatzungsmitglieder und sie fuhr unter der Flagge der Komoren. Sie war zuvor  gekapert und die Besatzung als Geiseln genommen worden. Das Kommando an Bord hatte Dhaghaweyne, was „der mit den großen Ohren“ heißt. Von dort aus starteten Sie zu dem Angriff auf die Taipan. Die Ausrüstung für den Angriff bestand aus zwei aus Kunststoff bestehenden Booten, sogenannte „Skiffs“, sie wurden von der Dhau HudHud zu Wasser gelassen, zwei Enterleitern, zwei RPGs, sogenannte Panzerfäuste, fünf Schnellfeuergewehren, sogenannte „Kalaschnikows“, zwei Pistolen, zwei Messern, einem Kricketschläger, einem Turaya- Telefon und zwei Nokia-Mobiltelefonen.

Auf Befahl Dhaghaweynes startete der Angriff auf die Taipan von der Dhau HudHud aus. In beiden Skiffs waren jeweils fünf Männer. Wer dabei mit wem in welchem Skiff war, kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit gesagt werden. Ebenso wenig kann mit Sicherheit gesagt werden, wer die Kommandogewalt von Dhaghaweyne dann übernommen hat, oder wer welche Waffe hatte. Das alles kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Als die Dhau auftauchte, wurde sie von der Besatzung der Taipan zunächst als unverdächtig eingeschätzt. Dann entdeckte man aber die Wasserlinien der Skiffs. Daraufhin versuchte Kapitän Eggers durch einen Kurswechsel  und die Erhöhung der Geschwindigkeit sich nach Süden zu entfernen. Die Skiffs fuhren aber mit ca. zwanzig Knoten auf die Taipan zu, woraufhin an Bord der Taipan Alarm ausgelöst wurde. Von der 15köpfigen Besatzung begaben sich 12 in den Sicherheitsraum. Auf der Brücke blieben nur Kapitän Eggers, der Zweite Offizier Sukoverkov und der Matrose Akmeemane zurück und setzten auch  verschiedene Notrufe ab, darunter einen an die Marineeinheit „Atalanta“. Als die Skiffs dennoch die Taipan erreichten, hintereinander und versetzt zueinander mit einem entsprechenden Abstand zwischen sich, feuerte Kapitän Eggers zwei Leuchtraketen ab, die die Schiffe jedoch verfehlten. Sukoverkov betätigte die Schiffshupe. Aber all das half nicht. Vom ersten Skiff aus wurde das Feuer auf die Taipan eröffnet.

Dafür tragen alle zehn die Verantwortung. Wer im Einzelnen womit geschossen hat, weiß die Kammer nicht. Aber dass aus einer Entfernung von ca. 10 Metern in Richtung Taipan – und da besonders Richtung Aufbauten und Brücke geschossen wurde. Mehrere Geschosse durchschlugen die Fenster der Brücke und die Stahlwand. Außerdem wurde noch der Bordcomputer beschädigt. Die auf der Brücke Verbliebenen wussten, dass sie sich in akuter Lebensgefahr befinden. Aber wer da womit geschossen hatte, ließ sich nicht feststellen. Es steht auch fest, dass nicht in der Absicht jemanden zu verletzen oder zu töten geschossen wurde. Die Kammer geht davon aus, dass es den Angreifern nur darum ging die Besatzung einzuschüchtern.

In einem der beiden Skiffs hat einer von Ihnen mit einer Panzerfaust auf die Taipan gezielt, aber ob sie wirklich abgeschossen wurde, konnte nicht bewiesen werden. 

Den drei Letzten der Besatzung ist es  daraufhin geglückt auch in den Sicherheitsraum zu fliehen. Das Schiff war umgestellt auf Autopilot und fuhr weiter mit Höchstgeschwindigkeit. Nachdem sich alle Mitglieder der Besatzung im Sicherheitsraum befanden, verschlossen sie dessen Stahltür. Ich möchte hier einmal die Liste der gesamten Mannschaft vorlesen, damit die Namen wenigstens einmal alle genannt werden:

[Der Richter nennt die Namen der Besatzungsmitglieder und deren Funktionen. Leider konnten nicht alle Namen mitgeschrieben werden]

Es war ihnen bekannt, dass die niederländische Fregatte „Tromp“ in der Nähe war, man wusste aber nicht, wie lange sie brauchen würde um zu Hilfe zu kommen.

Als die Mannschaft im Sicherheitsraum war, haben Sie die Taipan geentert. Dabei sind die Skiffs mehrfach abgedriftet, eins wäre sogar beinahe gekentert, aber letztlich sind Sie mit der Enterleiter an Bord gekommen. Sie haben dann die Besatzung gesucht und dabei Türen gewaltsam geöffnet. Sie haben auch nach Lebensmitteln gesucht. Dabei waren Sie alle aktiv auf der Taipan. Mindestens einer von Ihnen hat die GPS-Anlage außer Kraft gesetzt, was die Ortung des Schiffes erschwert hat. Mindestens einer von Ihnen muss in der Lage gewesen sein, ein modernes Containerschiff zu steuern. Die Geschwindigkeit wurde ein Mal reduziert, dann wieder erhöht. Die Automatik wurde abgeschaltet und die Handsteuerung eingeschaltet. Wer von Ihnen im Einzelnen dazu fähig gewesen ist, haben wir nicht herausfinden können.

Die Besatzung der Taipan konnte das alles über ein Computerbild verfolgen. Kapitän Eggers hat dann das sogenannte Blackout gemacht. Das betraf auch den Sicherheitsraum. Von da an waren sie dort von der Außenwelt abgeschnitten. Es herrschte eine große Hitze, der danebenliegende Maschinenraum hat auch noch Wärme abgestrahlt.  Es gab nur Trinkwasser, sanitäre Anlagen waren keine vorhanden. Die Besatzung wurde dann von Kapitän Eggers angewiesen, sich auf den Boden zu legen und zu schweigen. Die Mannschaft hatte ohne das Wissen des Kapitäns zehn Flaschen mit Treibstoff gefüllt, sogenannte Molotowcocktails, mit denen sie sich in dem Fall, dass sie entdeckt worden wären, verteidigen wollten. Dazu ist es dann nicht gekommen, da die Mannschaft unentdeckt blieb bis zum Eintreffen der niederländischen Marine.

Jetzt komm ich zur Tromp. Sie ist eine königlich niederländische Fregatte im Rahmen der Europäischen Militärmission Atalanta und war ungefähr 50 Seemeilen von der Taipan entfernt. Eigentlich war sie unterwegs um die Dhau HudHud ausfindig zu machen. Das bundesdeutsche Aufklärungsflugzeug vom Typ „Orion“ unterstützte die Tromp dabei in der Luft. Da sich die Taipan außerhalb des Einsatzgebietes von Atalanta befand, erteilte der Kapitän der Tromp, Lodder, einen nationalen Einsatzbefehl, den er von der holländischen Regierung erhalten hatte,  nachdem diese Rücksprache mit der deutschen Regierung genommen hatte. Da hatten Sie noch keinen Kontakt zur Mannschaft. Kapitän Lodder hat dann den Einsatz einer Unit Intervention M..(UIM) befohlen. Die HudHud näherte sich erst der Taipan, drehte dann aber ab, also die Piraten, als sie von der Tromp mit drei Schüssen vor den Bug getroffen wurde. Das heißt, Ihr Anführer Dhaghaweyne hat Sie Ihrem Schicksal überlassen! Die Tromp umrundetet die Taipan zwei bis dreimal, zunächst außerhalb der Reichweite der Waffen. Man hat besonders starke Lautsprecher aufgedreht und Sie aufgefordert, die Taipan zu verlassen und in Ihre Boote zurückzugehen. Das müssen Sie verstanden haben, weil es auf Englisch und Somalisch war. Aber Sie haben das nicht gemacht. Daraufhin erteilte Kapitän Lodder den Einsatzbefehl des einen von den zwei Hubschraubern an Bord der Tromp. Sicher ist, dass von Ihnen zu dem Zeitpunkt auf die Tromp geschossen wurde. Von der Tromp wurde daraufhin zurückgeschossen, insbesondere auf die Brücke und die Aufbauten der Taipan  - als Feuerschutz für den Hubschrauber. Dann wurde vom Hubschrauber aus geschossen. Sie sollten gezwungen werden, den Hubschrauber nicht angreifen zu können auch während das UIM-Team sich dann in einer sogenannten Fast-Rope-Action abseilte. Dabei stürzte einer der Soldaten und verletzte sich. Er konnte aber weiterlaufen. Von Ihnen wurde zu dem Zeitpunkt nicht mehr zurückgeschossen.

Zunächst haben sich sechs von Ihnen ergeben, dann zwei weitere. Alle acht waren unbewaffnet und leisteten keinen Widerstand. Sie, Herr KD haben den Soldaten mitgeteilt, dass sich noch zwei auf der Brücke befanden und Sie haben dafür gesorgt, dass sie sich auch unbewaffnet ergaben.

Das Ganze hat ungefähr zwei Stunden gedauert. Auch die niederländischen Soldaten haben die Besatzung gesucht. Die Besatzung konnte die Lage außerhalb des Sicherheitsraumes aber nicht einschätzen. Der Zeuge Eggers hat dann einen niederländischen Wortwechsel gehört. Das war ungefähr viereinhalb Stunden, nachdem der Aufenthalt im Sicherheitsraum begonnen hatte.

Es ist auch von Bedeutung, dass Sie ein Schiff beschädigt haben, das einen Wert von mindestens 20 Millionen Euro hatte.

Über die Ladung und den Wert der Ladung wissen wir nichts. Es wurde zum Teil durch Ihren Beschuss, zum Teil durch den Beschuss der niederländischen Marine beschädigt. Darauf kommt es aber nicht an, da es vorher von Ihnen gekapert worden war.

12 December 2012

Die Urteilsbegründung eine Art Adventskalender

We are documenting the judge's sentencing from October 19 in German. This has been made possible by the meticulous work of one of the trial observers who noted down every word said.We might do an English translation at a later stage (the sentencing went on for four hours, so it's a substantial amount of work). The written verdict is expected to be released by the court early next year.

Da die schriftliche Urteilsbegründung erst 2013 erscheinen wird, dokumentieren wir hier die mündliche Urteilsbegründung von Richter Steinmetz am 19.10.12. Dies ist möglich dank der unermüdlichen Arbeit einer Prozessbeobachterin, die Steinmetz' Vortrag mitgeschrieben hat. Trotz grösstmöglicher Sorgfalt kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Worte untergegangen oder missverstanden wurden.

Die Urteilsbegründung dauerte vier Stunden. Wir werden sie daher in kleinen Häppchen veröffentlichen als eine Art Adventskalender, um die Wartezeit auf das schriftliche Urteil zu verkürzen.




105. Verhandlungstag, 19.10.2012, Piratenprozess, Protokoll Teil II: Das Urteil

[Nach einer Pause von 12.00 Uhr bis 14.07 (da kommen die Gefangenen aus ihrem Verlies in den Saal, als Letzter wie immer der „Kronzeuge“) beginnt Richter Steinmetz im Stehen mit der Urteilsverkündung um 14.09 Uhr. Das Gericht, die 10 Angeklagten, die 20 VerteidigerInnen, die zwei Dolmetscher, das heute zahlreich erschienene Publikum und die plötzlich auch wieder zahlreich erschienene Presse bleiben ebenfalls stehen.]


Richter: Im Namen des Volkes ergeht das Urteil gegen die Angeklagten. Sie sind schuldig des Angriffs auf den Seeverkehr und des erpresserischen Menschenraubs.

Angeklagter CM: Die Kammer verurteilt Sie zu sechs Jahren und drei Monaten.
Angeklagter AM: Die Kammer verurteilt Sie zu sieben Jahren.
Angeklagter AS: Die Kammer verurteilt Sie zu zwei Jahren.
Angeklagter AKD: Die Kammer verurteilt Sie zu sieben Jahren
Angeklagter KD: Die Kammer verurteilt Sie zu sechs Jahren.
Angeklagter YK: Die Kammer verurteilt Sie zu sechs Jahren und fünf Monaten.
Angeklagter TW: Die Kammer verurteilt Sie zu  sechs Jahren und zehn Monaten.
Angeklagter AA: Die Kammer verurteilt Sie zu sieben Jahren.
Angeklagter AW: Die Kammer verurteilt Sie zu zwei Jahren.
Angeklagter YM: Die Kammer verurteilt Sie zu zwei Jahren.

Die Asservate [er nennt mehrere Nummernblöcke „von… bis“] werden eingezogen. Der Freiheitsentzug in den Niederlanden wird eins zu eins auf die Strafe angerechnet, ebenso die bereits verbüßte U-Haft hier. Die Kosten des Verfahrens tragen die Angeklagten CM, AM, AKD, KD, YK, TW und AA.

Nehmen Sie, bitte Platz!
[Alle setzen sich]

Richter: So, meine Herren Angeklagten. Das ist der Tenor dessen, was das Gericht für Sie für angemessen hält. Die Begründung erfolgt zunächst mündlich. Sie wird ziemlich umfangreich. Sie wird voraussichtlich mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Nach zwei Stunden etwa werde ich eine Pause machen, damit die Konzentration erhalten bleibt. Ich werde auch, was ich zuvor noch nie gemacht habe, und was, soweit ich weiß, in Hamburg unüblich ist, sagen, wie das Urteil gegliedert ist. Zunächst werde ich etwas sagen zu dem Angriff auf die Taipan, dann etwas zur Situation in Somalia, danach etwas zu den Einlassungen der Angeklagten und zu den Beweisen. Dann werde ich noch auf die deutsche Rechtslage eingehen und die vorgebrachten Gründe für Verfahrenshindernisse und zum Schluss dann noch etwas zur rechtlichen Bewertung des Tatgeschehens sagen.

Erstens: Sie haben dem Tenor entnommen, dass die Kammer der sicheren Überzeugung ist, dass es sich bei dem bewaffneten Angriff auf die Taipan um eine geplante Tat handelt, dass keiner gezwungen wurde und  für jeden von Ihnen eine fest bestimmte Aufgabe da war. Und die Kammer ist der Ansicht, dass Sie alle Kenntnisse der Aufgaben der anderen gehabt haben. Die Kammer geht auch davon aus, dass Ihnen allen der Tatplan, die Planung bekannt war und wie verfahren werden sollte, wenn das Ziel des Angriffs erfolgreich gewesen wäre: Nachdem Sie das Schiff, die Taipan, in Ihre Gewalt gebracht hatten, sollte es nach Somalia gesteuert werden und der Plan war, ein sehr hohes Lösegeld von über einer Million US-Dollar zu erpressen. Jeder von Ihnen erwartete einen Anteil davon, wenn auch zum Teil nur in geringer Höhe. Für sechs von Ihnen hat die Verteidigung einen Freispruch oder die Einstellung des Verfahrens beantragt. Die Würdigung der Argumente durch die Kammer ergibt dies nicht. Sie alle sind nach Ansicht der Kammer voll strafrechtlich verantwortlich. Ihrer Behauptung, Herr W., sie seien ein dreizehnjähriges Kind zur Tatzeit gewesen, kann die Kammer nicht folgen. Die Altersgutachten ergaben, dass Sie mindestens 18 Jahre alt sind. Sieben von Ihnen sind über einundzwanzig Jahre alt. YM war siebzehn und AS 18 Jahre zur Tatzeit. Sie sind Heranwachsende.


07 December 2012

Wishes

                                                                     Our wishes...

...to the somali prisoners in hamburg:
to have strong contacts to the outside world and to be able to support their families
and most of all:
freedom soon!

to the somali pirates:
to find new ways to make a living, without having to take hostages!

to all hostages:
freedom  now!

we want a world of equal rights and chances for all
and freedom.

in solidarity
reclaim-the-seas.blogspot.com